Werkunterricht
Ein Einblick – Das Handschnitzen in der 5. Klasse
Einige Wochen haben die Schülerinnen und Schüler in Vorfreude auf die erste Werkstunde gelebt. Endlich werden die im Handarbeitsunterricht selbst genähten Werkstattschürzen eingeweiht. Sorgfältig wurden noch die Namen auf das blaue Tuch gestickt. Die Kinder treten in den Werkraum, wo der Duft der Kiefernrinde sich ausgebreitet hat.
Die Schüler:innen der 5. Klasse sitzen auf Hockern im Kreis.
Nach einer Einführung in den Gebrauch der Handschnitzmesser werden die Messer und die Rindenstücke verteilt, dazu ein Brustbrett, um die Brust zu schützen. Die Ellbogen liegen am Oberkörper an. Die Arbeitshand umgreift das Messer, führt es zum Schneiden an den Werkstoff. Die Haltehand umgreift die Rinde und unterstützt die Arbeitsbewegung. Die beiden Hände arbeiten sehr unterschiedlich in einem sinnvollen Miteinander: Die eine hält zurück, liegt an; die andere schiebt, drückt, bewegt. Kraft und Gegenkraft wirken harmonisch aufeinander abgestimmt, den Widerstand des Werkstoffes spürend. Die Arbeit wird noch ganz im Brustbereich ausgeführt. Muskelkraft und Rhythmus ergänzen sich. Nach einigem Üben wird der Bewegungsablauf immer selbstverständlicher. Zur Freude aller entstehen schöne Späne und die Lust am Formen wächst.
Dieser Unterricht kommt dem Drang nach spannender Betätigung entgegen. Das Handschnitzen erfordert Mut und Besonnenheit – die Schüler:innen suchen die Probe. Bewegungsabläufe und Formempfinden werden geübt.
Was für das Handschnitzen in der 5. Klasse gilt, ist auch für den gesamten Werkunterricht an der Waldorfschule zutreffend: Das eigene Tun wird im Prozess mit all seinen Auswirkungen vollständig erfassbar und zugleich sichtbar. Feinmotorisches Geschick, Konzentrationsfähigkeit und Wachheit sind hierbei gefragt. Sinnesschulung geht selbstverständlich mit diesem praktischen Unterricht einher, schon allein durch die Tatsache, dass jedes Material (z.B. Holz, Ton, Kupfer, Stein) seinen Eigencharakter besitzt (Härte, Aussehen, Geruch, usw.). Oftmals gehen die Schülerinnen und Schüler bei der Arbeit an ihren Werkstücken über das Zweckmäßige hinaus und legen ein besonderes Augenmerk auf das Schöne, auf die ästhetische Gestaltung, wodurch auch das künstlerische Element seinen sichtbaren Ausdruck findet.
Der Werkunterricht beginnt in der Mittelstufe mit dem Herstellen von eigenen kleinen Werkzeugen und Gebrauchsgegenständen, Tieren und beweglichen Spielzeugen aus Holz.
In der Oberstufe werden in einer Schreinerepoche selbst entworfene Möbelstücke erstellt, außerdem kommt beim Schmieden und beim Kupfertreiben nun auch die Arbeit mit dem Werkstoff Metall hinzu. Zu den handwerklich-künstlerischen Epochen in der Oberstufe gehören auch das Plastizieren mit Ton und das Steinhauen.